Okean Nachodka

Das war ein Viertelfinale, das mit richtig Spannung daherkam. Dabei sah es nach dem souveränen 5:0 im heimischen Wodnik Stadion nach einer klaren Sache aus. Doch wie das im Fußball manchmal so ist, brachte das Rückspiel sowohl Mannschaft als auch Trainer völlig aus dem Häuschen. Mit Gegenwehr hatte man gerechnet, aber dass ein lumpiges Auswärtstor die Sache so hauchdünn entscheidet - eieiei... Das sind jedenfalls Duelle, die dieses Turnier braucht, um die Daseinsberechtigung zu untermauern.

Vielleicht werden wir das auch im Halbfinale erleben, obwohl Nachodka gegen Lubin, das sich doch recht entspannt gegen Zizkov durchsetzen konnte, ein ganz hartes Brett zu bohren hat. Läuft alles normal, werden Wämsers tapfere Jungspunde gegen die international sehr erfahrene Truppe aus Polen nur theoretische Chancen haben. Aber auch an solchen Aufgaben kann man wachsen, und in diesem Falle auch auf das bisher erreichte Stolz sein. Nicht auszudenken was passiert, sollte man dem großen Favoriten heute tatsächlich ein Schnippchen schlagen...

Nach einem wahren Heimtorfestival in Gruppe 1 in den letzten Spielen wurde die Chance, Nachodka mit gewagten Taktiken noch von der Tabellenspitze zu verdrängen, nicht genutzt - sehr zum Wohlgefallen der Verantwortlichen des unkonventionellen Clubs aus dem Südosten Russlands.

Damit kann der kleine Delphin die Tour durch die ehemaligen Bruderländer fortsetzen, und der nächste Halt heißt Krakau, die Stadt von Europas wahrscheinlich heißestem Derby zwischen Okeans nächstem Gegner Wisla und Cracovia.  Doch um Hauereien unter antisemitischen Hools soll es in den beiden KO-Spielen nun wahrlich nicht gehen, Nachodkas "etwas andere" Fanschar wird weiterhin die positiven Werte des Fußballs vorleben, auch wenn das oft heißt, auch mal die andere Wange hinzuhalten oder einen Schal oder ähnliches Fanutensil zu verlieren.

Dennoch wird ungewöhnlich stark für Sicherheit gesorgt werden müssen, da ausgerechnet die beiden Krakauer Vereine nicht bei dem von allen führenden gewaltbereiten Fangruppierungen Polens vereinbarten Verzicht auf Messer mitmachen. Man darf aber getrost davon ausgehen, dass es zwei friedliche aber spannende Fußballereignisse werden.

...mit dem Viertelfinale. Damit wäre für Nachodka schon viel erreicht. Es muss bezweifelt werden, ob die Stadt, ja überhaupt diese Region, schon jemals so viel internationale Aufmerksamkeit erfahren hat wie zur Zeit. Und obendrein ist die KO-Runde zum greifen nah, denn über das Torverhältnis führt Okean die Gruppe 1 weiterhin an. Sicher sein kann aber keiner der vier Vereine, die nächste Runde zu erreichen - zu gleichmäßig sind die Kraftreserven noch verteilt, denn alle Clubs mieden das Risiko - bis jetzt. Das wird sich aber sicher ändern, ja, ändern müssen, denn nun muss das Visier hochgeklappt werden, auf Gedeih und Verderb. In Pribram brennt man sicher schon auf Revanche für die 5:1 Niederlage im Hinspiel, und auch Okean wird nicht erneut Punkte gegen Tiraspol liegen lassen wollen. Von Trainer Wämser war bezüglich der Taktik noch nichts zu erfahren...

Na, das war ja ein Start nach Maß für den aufstrebenden Club aus dem südöstlichen Russland. Zwar dürfte Platz 1 nur ein vorübergehendes Phänomen darstellen, wenn man so auf die Kraftreserven der Konkurrenz schaut, aber für den Moment dürfen Fans und Verantwortliche aus Nachodka das Bild gern noch etwas genießen. Aber auch nur kurz, denn schon bald steht der berüchtigte Doppel ZAT an, wo schon die ersten Clubs die Weichen für das Weiterkommen stellen dürften - oder es zumindest versuchen könnten. Daher heißt es auch für Okean: Holzauge sei wachsam. Denn einen der Topvereine aus dem polnischen Bruderstaat, dessen Trainer schon mehrfach dieses Turnier gewinnen konnte, sollte man keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen, schon gar nicht wenn Hin- und Rückspiel direkt aufeinanderfolgen. Ob es hilft, das Heimspiel zuerst zu haben, muss man sehen...

So ist das im modernen Fußball, die Saisonpause wird immer kürzer. In diesem Falle aber zum Glück von Okean, denn man kann nur an diesem prestigeträchtigen Wettbewerb teilnehmen, weil andere verzichtet haben. Scheinbar bleibt die Völkerverständigung auch unter den heute ehemaligen Bruderstaaten ein wichtiges Thema, dem sich Nachodka, mit seinen internationalistischen Fans von der südöstlichen Spitze Russlands grüßend, natürlich nicht verweigern möchte.

Gruppe A ist also das Motto. Mit Lubin, Pribram und Tiraspol trifft Okean dort ausschließlich auf Mannschaften, mit denen man auch europäisch noch nicht das Vergnügen hatte. Umso gespannter darf man sein, wie sich das junge Team eines jungen Vereins dort bewähren wird. Und für die Fans ist es ja sowieso immer schön, aus der nicht gar so großen Arbeiterstadt herauszukommen und dann auch noch andere Länder zu bereisen. Auf geht´s also!